Der Weg zum neuen Auto


Worin wir Geduld lernen


Irgendwann ist die Zeit für etwas Neues gekommen. Neue Dinge sind nicht schlecht, sie sind nur anders. Unglücklicherweise kann man auf anders manchmal leicht verzichten.

Lotte war in die Jahre gekommen. Möglicherweise hatte die durch Vandalismus mit einem scharfen Gegenstand zerkratzte Beifahrerseite, die ich versucht hatte, mit einem 2 Komponenten Lack zu reparieren, einen zusätzlichen Anteil daran. Bei dieser Aktion lernte ich sehr eindringlich, dass man zum Einen die Anleitung, zunächst an einer unauffälligen Stelle die Farbe und den Klarlack auszuprobieren, durchaus wörtlich nehmen sollte, zum Anderen, dass es eine Zeit vor dem Set und eine Zeit danach gab. Die Zeit danach verging langsamer.

Man kann Lotte nichts vorwerfen. Selten hatte sie Öl zu Gesicht bekommen. Die Zündkerzen waren verkohlt, aber sie fuhr. Suchte man ein Adjektiv, um sie zu beschreiben, wäre tapfer treffend. Sie gab nicht auf, aber ich.

Es folgte eine Zeit des Strebens und der Suche. Welches Auto als Nächstes Teil des Lebens werden würde musste schließlich wohl überlegt sein. Selbstverständlich wurden diverse Gespräche darüber außerhalb von Lottes Hörbereich geführt, man weiß ja nie. In Portugal hatte der Fiat Punto gute Dienste geleistet. Aber das Äußere fiel durch den rein persönlichen Schönheitscheck. Ein Lupo hat einen zu kleinen Kofferraum. Der gebrauchte A1 hatte keine überzeugenden Bremsen und der Kofferraum war zudem ebenfalls recht überschaubar. So zogen etliche Monate und Nerven, sowohl meine als auch die meiner Mitmenschen, ins Land.

Irgendwann hatte ich mich des Nachts entschieden. Es sollte ein Polo werden. Aber ein spezieller, bitteschön. Die Suche nach einem Gebrauchtwagen verlief seltsamerweise erfolglos und man gab mir den Rat, mir zu konfigurieren. Wochen später wusste ich was ich wollte und natürlich gab es da kein Zurück mehr. Es wurde alles geprüft, auch die Nerven. Dann wurde verhandelt und bestellt. Abholung ab Werk wurde vereinbart. Nie wieder, da aber schon. Der Tag der Abholung wurde festgezurrt. Urlaub wurde eingereicht, Pläne wurden geschmiedet. Alles war gut, bis zum Tag vor der Abholung. Ach, das Auto hat es nicht bis nach Wolfsburg geschafft? Ach so, da wird es gar nicht produziert. Was macht es denn in Emden und wieso spielt die Deutsche Bahn nicht mit? Streiken die etwa wieder? Fragen über Fragen. Ein Wort, und ich hätte es auch von Spanien abgeholt. Aber da ist es ja nicht mehr. Warum gibt es eigentlich eine Werksabholung, wenn das Auto dort nicht produziert wurde? Die sollten doch wissen, dass immer alles raus kommt. So wie jetzt zum Beispiel. Leute, ich bin Euch treu geblieben, trotz des Skandals. Zugegeben, ich habe einen Benziner bestellt, aber so etwas habe ich nicht verdient. Okay, Ihr zahlt mir die Zugtickets, denn was soll ich in der Autostadt ohne Auto. Und Ihr zählt mir einen Leihwagen bis ich meinen Wagen abholen kann. Aber Leute, die Selbstbeteiligung beträgt 1500€. Habt Ihr schon mal was von Vandalismus gehört? Aus kostenlos wurden 10€ pro Tag. Damit konnte die Selbstbeteiligung auf 1/10 gesenkt werden. Nein, ich fahr den nicht bis die sich melden, denn kostenlos ist gleichbedeutend mit Optimismus und dem unerschütterlichen Vertrauen in eine ungewisse Zukunft.

Gestern habe ich dem Autohaus meine endliche Urlaubslage und meinen vorhandenen Realitätssinn geschildert. Einiges war nicht bewusst. Macht ja nichts, mit mir kann man gern lernen. Das hat gewirkt.

Heute kann ich das Auto abholen. Die richten sich nach mir und schieben mich dazwischen. Das Auto ist im Turm. In was für einem Turm? Hoffentlich bekommen die das unbeschadet runter.

Ich bin auf dem Weg. Der Zug hat eine marginale Verspätung. Bis jetzt.




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