Von Ratten und Autos
Neulich war es soweit: Der Tag, vor dem mir seit Monaten graute, wurde zur Realität: Mein Auto musste zum TÜV. Jeder, der ein 15jähriges Auto besitzt, kann mein Unbehagen, ja meine quasi in Magenschmerzen ausartenden Befürchtungen, annähernd nachempfinden. Aber da muss man durch. Meine Arbeitskollegin Ulli, der ich wahrscheinlich bis ans Ende meines Lebens dankbar sein werde, hat mir erfreulicherweise einen Automechaniker in ihrer Nähe empfohlen. Wenn man diesen Menschen mit einem Satz beschreiben wollte, würde dieser laut Ulli „Kein Problem!“ (mit einem polnischen Akzent) lauten. Keine fünf Minuten nachdem wir uns zum ersten Mal trafen bekam auch ich diesen Hoffnung erweckenden Satz zu hören. Woraufhin sich er und der TÜV-Beauftragte auf die Mängelsuche begaben. Der TÜV-Mensch hätte einen echt guten Hamlet abgegeben, die aufgesetzte besorgte Miene sprach Bände, sowie das konsequente Ignorieren der den Vorgang beobachtenden Personen. Und dann kam auch schon die alles entscheidende Frage, mit einem unüberhörbaren vorwurfvollen Unterton in der Stimme: "Haben sie denn nicht gesehen, dass ihr Auto Öl verliert?" NEIIIIIIIIIIIIN, Öl, was ist das????
Nachdem die Beschauung beendet war, teilte mir der Angestellte der TÜV-Stelle mit, dass ich noch mal wieder kommen müsste, da das Auto erst repariert werden müsse (hatte ich was anderes erwartet???). „Kein Problem“ schlug mir vor, das Auto zur Reparatur gleich da zu lassen- GERNE. Sämtliche Urlaubsgedanken hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt sowieso bereits in Öl aufgelöst.
Dem besorgten Abend schloss sich eine unruhige Nacht, in der ich sehr damit beschäftigt war, meinen Finger ruhig zu halten, an. Am darauf folgenden Nachmittag durfte ich dann endlich anrufen und erfuhr, was ich nicht zu hoffen wagte, dass das Auto seine TÜV-Plakette habe und dass ich es abholen könne, O-Ton: "Die Zylinderkopfdichtung ist nicht ganz dicht, aber sagen wir mal, ich habe es nicht gesehen, den sonst wäre die Reparatur teurer geworden als das Auto wert ist." JA, Bruder. Ich war glücklich.
Durch die TÜV-Aktion konnte ich auch noch soziale Kontakte pflegen und am ersten Tag Ullis Ratten kennen lernen. Und was tat die liebe Ratte??? Sie biss mir in den Finger, dass es nur so floss. Man könnte ja mal auf einer Blödheitsskala von 1 bis 10 mit 10 als absolutes Blödheitshighlight eine Bewertung abgeben: Ich hielt - trotz Warnung - den rechten Zeigefinger durch die Gitterstäbe und Charlie schnupperte erst, dann biss sie einigermaßen zaghaft hinein. Mutig ließ ich den Finger drin- sie biss noch mal rein, hier schon etwas fester. Plötzlich dachte ich, Mensch, doch nicht in meinen Gitarrenfinger, hinterher beißt sie den Nagel ab. Und so zog ich den Finger raus und hielt stattdessen den Zeigefinger der linken Hand hinein. Sie wartete nur darauf und biss - diesmal herzhaft - hinein. Was die unruhige Nacht erklärt... Anschließend lief ich fast eine ganze Woche mit einem Pflaster herum. Wenigstens hatte ich Ulli den Boden nicht vollgeblutet, dafür bekam mein Magen sämtliche mutmaßlichen Krankheitserreger ab.....
Am Biss-Abend ging ich, gelobt sei was hart macht, ins Institut zurück und rief aus: „Die Ratte hat mich gebissen!“ Mein Chef: „Ist Ullis Sohn nicht ein Irokese?“
Da kann man mal sehen wie ungebildet man sein kann, war mir doch bis zu dem Augenblick gar nicht klar, dass Irokesen bissig sind.
(Damit keine Missverständnisse aufkommen, Ullis Sohn ist natürlich kein Irokese)
by C.G.